Seit Ende des 2. Weltkrieges haben sich noch niemals so viele Faktoren zu einer so schwierigen Wirtschaftssituation versponnen wie derzeit. Deutschland droht eine tiefe Rezession. Mehrere Gründe zeigen sich dafür verantwortlich.

Viele Ökonomen und „Experten“ warnen bereits. Die Aussichten verdunkeln sich zusehends.

US-Starökonom Kenneth Rogoff sieht die Gefahr einer gleichzeitigen Rezession in Europa, China und den USA. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnt vor einer weltweiten Rezession. Es gebe derzeit mehrere miteinander verbundene Krisen: „Die hohe Inflation, die Energiekrise, die Lebensmittelknappheit und die Klimakrise.“ Hinzu käme, dass „die Welt in Machtblöcke zu zerfallen droht“.

Denkwürdig auch die Rede des 91jährige Star-Investors George Soros beim kürzlich zu Ende gegangenen Weltwirtschaftsforum in Davos. Bedrohlich langsam schritt er ans Rednerpult. Seine oftmals trüben Prognosen – sie haben sich bewahrheitet, manche schlimmer als selbst Soros sie sich ausmalen konnte. Mit leisen Worten beschreibt er die Bedrohung durch totalitäre Regime wie Russland und China. Er, der den Holocaust überlebt hat, wendet sich mit brüchiger Stimme an sein Weltpublikum: Das, was jetzt komme, „wird unsere Zivilisation vielleicht nicht überleben“.

Die Gründe für die negativen Ausblicke, die Rogoff und Habeck umtreiben und der Soros so schwarzsehen lässt, fusst auf mehrere Gründe, die sich gerade mit unterschiedlicher Wucht gegenseitig verstärken. Im Einzelnen:

1)    Pandemie

Es begann Anfang 2019 in China. Etwas Vergleichbares widerfuhr unsere Welt seit der Spanischen Grippe vor mehr als 100 Jahren nicht mehr. Im Zeitalter von computergestützten modernen Behandlungsmethoden starben wieder Menschen auf der ganzen Welt an einem Virus. Erzwungene Lockdowns schwächten Wirtschaft und Staatskassen. Immer wieder neue Varianten des Virus sind den Impfungen immer einen Schritt voraus und verursachen erneute Lockdowns an neuralgischen Punkten des Welthandels wie in Shanghai. Die Gefahr ist nicht gebannt, sie ist nur an den Rand der Wahrnehmung gerutscht. Schon steigen die Ansteckungszahlen wieder. Populäre Virologen wie Christian Drosten warnen vor der nächsten Coronawelle nach den Sommerferien.

2)    Krieg in Europa

Am 24. Februar überfällt Russland die Ukraine – unvorstellbar für die meisten Bürger in der EU, die seit dem Fall der Mauer von einem immerwährenden friedlichen Miteinander auf ihrem Kontinent träumten. Putin entfesselt damit nicht nur einen militärischen, sondern auch einen Wirtschaftskrieg. Es geht um Energielieferungen Richtung Westen und Getreidelieferungen in die ganze Welt, die von Russland und der Ukraine kommend ins Stocken geraten. Deutschland rutscht unvorbereitet in eine Energiekrise, denn über 55% des Erdgases und 30% des Erdöls stammen aus Russland und zudem hat es auch noch als eines der wenigen Länder der Welt seine Atomkraftwerke abgewrackt. Für die Gasversorgung hat die Bundesregierung die Alarmstufe ausgerufen. Kommt in den nächsten Wochen noch weniger Gas aus Russland, müssen Betriebe schließen, und im Winter bleiben Wohnungen kalt. Die hohen Energiekosten treffen Deutschland besonders, Europa ein bisschen weniger, den Rest der Welt kaum. Im internationalen Wettbewerb hat Europa das Nachsehen.

3)    Inflation

Am 26. Juli 2012, als die hohen Schuldenstände mancher Länder in der EU den Euro zu sprengen drohten, verkündete der damalige Zentralbankpräsident Mario Draghi sein „Whatever it takes“. Dahinter stand die Absicht, die Notenpresse so lange auf Touren zu bringen, bis genügend Geld für die Finanzierung der Staatsschulden im Markt war. Das, zusammen mit Energiepreisen und Pandemiefolgen, hat die Inflation auf ein Rekordhoch von derzeit mehr als acht Prozent getrieben. Das heißt, bei einem Lohn von 50 000 Euro netto im Jahr bleiben einer Familie 46 000 Euro übrig. Will sie das ausgleichen, fällt zum Beispiel der Sommerurlaub flach. Die Unzufriedenheit wächst.

4)    Zinsen

Unmittelbar mit der Inflation zusammen hängt das, was die Zentralbanken als Gegenmittel verschreiben: steigende Zinsen. An sich keine schlechte Idee – nur kommt sie zu spät. Die Folge: Entweder heben Zentralbanken die Zinsen so zögerlich an wie in der EU, dann wirkt das Mittel nicht gegen die Inflation. Oder sie langen beherzter hin wie in den USA, dann erwürgt der Zinsschritt das Wirtschaftswachstum, weil Kredite für Investitionen zu teuer werden. In den USA hat es noch nie eine Phase steigender Zinsen gegeben, die nicht spätestens nach zwölf Monaten zu einer Rezession führte.

5)    Arbeitsmarkt

Die Unternehmen haben längst bemerkt, was auf sie zukommt. Die einen können die Energiekosten nicht mehr aufbringen, den anderen fehlt Material für ihre Produkte, und der Vertrieb stockt. Die Folge: Der Arbeitsmarkt dreht sich. Aus dem Arbeitskräftemangel wird mehrheitlich ein Arbeitskräfteüberschuss, zumindest mit Blick auf das, was sich die Unternehmen in der Krise noch an Personal leisten können. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit Detlef Scheele warnt: Bei einem Ausfall russischer Gaslieferungen wäre das Risiko mit Blick auf Arbeitsplätze in Deutschland „aktuell sehr hoch“. Kurzarbeit und einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit hält er dann für wahrscheinlich. Auch jenseits des Atlantiks sieht es trüb aus. Der prominente Investor und Börsenexperte Dirk Müller analysiert: „Die Leute vor allem im Niedriglohnsektor werden reihenweise entlassen. Das kommt in einer Situation, in der sie hochverschuldet sind, und die Zinsen für ihre Schulden durch die Decke gehen.“ Gleichzeitig gibt es noch immer einen Fachkräftemangel. Deutschland produziert Abiturienten am Fließband, aber Handwerker, IT-Spezialisten und Techniker fehlen. Aufträge bleiben liegen, weil sich niemand darum kümmern kann.

6)    Materialengpässe

Auf unbenutzten Parkflächen reihen sich noch immer Neuwagen deutscher Hersteller, denen an entscheidender Stelle ein Chip fehlt, um die Elektronik in Gang zu bringen. Die Lieferung klemmt. Das gleiche Bild anderswo: Die Jahre lang erfolgsverwöhnte Immobilienbranche spürt mit einmal, dass keiner mehr bauen will. Ein Grund dafür: Niemand kann kalkulieren, wann und zu welchem Preis sich Baumaterialien auftreiben lassen. Entweder stecken sie in Containern fest, die pandemiebedingt nicht rechtzeitig entladen werden können, oder sie sind wegen der gestiegenen Energiekosten so teuer geworden, dass sie jede Baukalkulation über den Haufen schmeißen.

7)    Geostrategische Gefahr

Russlands Regime ist zum Feind geworden und vielen geht auf, dass totalitäre und damit unberechenbare Strukturen wie in Moskau auch in Peking herrschen. Die Führung dort ist in einen Handelsstreit mit den USA verstrickt, verfolgt eine Null-Covid-Strategie, die die Wirtschaft umklammert und dimmt ihre jahrzehntelang gewaltigen Wachstumsraten auf ein Normalmaß. Gleichzeitig unterdrückt sie in ihrem Riesenreich aufmüpfige Völker, wie das der Uiguren und zeigt, zu welchen Grausamkeiten sie fähig ist. All das führt im eignen Land zu den größten Verwerfungen: Der Immobilienmarkt ist zusammengebrochen. Die beiden größten Immobilienentwickler des Riesenreichs überleben nur dank Staatshilfen. China ist einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Bisher konnten sich Unternehmen darauf verlassen: Wenn es hierzulande nicht so läuft, dann läuft’s in China wie geschnitten Brot. Doch diese Erkenntnis ist Geschichte.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen