Gesamtüberblick
Das Kapitalmarktjahr 2021 können wir – wie schon das Vorjahr – als ein gutes bewerten. Der Weltaktienmarkt, gemessen am MSCI World Index, konnte um insgesamt etwa 20 % in USD zulegen. Die Unterschiede der einzelnen Märkte sind dabei durchaus beträchtlich. Der DAX stieg um rund 16 %, wohingegen Investitionen in den Schwellenländern, allen voran China, mit einem deutlichen Minus das Jahr beendeten. Hier einige ausgewählte Beispiele (Stand: 20.12.2021):
Entwicklung des Deutschen Aktienindex (DAX) in 2021, indexiert
Aktienmarktentwicklungen (in EUR):
Deutsche Aktien (DAX) +15,8 % US-Aktien (S&P500, in US-Dollar) +26,9 %
Europ. Aktien (Euro Stoxx 50) +21,0 % Chinesische Aktien (Hang Seng) –14,1 %
Energiesektor (MSCI World Energie) +35,1 % Technologie (MSCI Inform.techn.) +29,1 %
Anleiherenditen (Veränderung in Basispunkten 2021):
Deutschland (10-jährige Bunds) –0,18 % (+39 bp) USA (30-jährige Treasuries) +1,90 % (+26 bp)
Rohstoffpreise (Veränderung in 2021):
Öl (Brent je Barrel, US-Dollar) 79 USD (+50,2 %) Gold (Unze, US-Dollar) 1805 USD (+3,5 %)
Währungen (Veränderung in 2021):
Euro in US-Dollar 1,13 USD (-6,9 %) Euro in Brit. Pfund 0,83 GBP (-5,9 %)
Substanz- und Wachstumsaktien
Konnten in 2020 die sogenannten Wachstumsaktien, also Aktien von Unternehmen, deren Ziel es ist, in Umsatz und Marktanteilen möglichst schnell und stark zu wachsen, ganz besonders gut performen, so begann sich diese Entwicklung bereits ab Herbst 2020 und ins Jahr 2021 hinein wieder relativ pro Substanzaktien zu verändern. Die Entwicklung setzte sich bis ins Frühjahr fort. Bis dahin konnten solche Aktien von soliden Unternehmen, deren Aktien tendenziell (stark) unterbewertet sind, im Vergleich zu den Wachstumstiteln weiter Boden gut machen. Ab da hat sich diese Entwicklung wieder gedreht, und zum Jahresende notierten Wachstumstitel nur noch um wenige Prozentpunkte hinter Substanzaktien – und das trotz der schon starken Gewinne in 2020.
Anleihen: die Frage nach dem realen Substanzerhalt
Anders als bei den Aktienmärkten verlief das Jahr 2021 für viele Anleihefonds ernüchternd. Europäische und deutsche Staatsanleihen verharrten weiter auf Null- bzw. Minuszinsniveau. Pfandbriefe verbuchten in diesem Jahr auch Verluste. Einzig einige Unternehmensanleihen konnten positive Rendite verbuchen.
Aufgrund des dauerhaft superniedrigen Zinsniveaus müssen auch die deutschen Lebensversicherer ab 2022 den maximalen Garantiezins in neu abzuschließenden klassischen Policen abermals senken, und zwar von 0,9 % auf sage und schreibe 0,25 %. Anleger, die mit den klassischen Lebens- und Rentenversicherungen eine Altersversorgung aufbauen wollen, sehen sich in einem „Sicherheitsdilemma“ – auf der einen Seite die Sicherheit der Garantie, auf der anderen Seite die Sicherheit, dass dieser Zins nicht ausreichen wird, um wenigstens die Inflation aufzufangen.
Thema: Inflation – Ölpreis, Lieferengpässe
Die Inflationsrate ist in Deutschland mittlerweile bei einem Wert von über 5 % angekommen. Ein Ansteigen war nach dem Rückgang durch den „Coronaschock“ im Frühjahr 2020 zu erwarten. Die Frage ist, wie nachhaltig diese höhere Inflation ist. Bleibt die Teuerungsrate weiter auf ähnlichem Niveau, dann wird die Reaktion der Verbraucher entscheidend sein. Werden sie sich anders verhalten und lieber konsumieren, anstatt das Geld auf dem Konto entwerten zu lassen? Interessant ist in diesem Zusammenhang dann der sogenannte „Ketchupflascheneffekt“. Solange die Verbraucher das Thema Inflation für sich nicht auf dem Schirm haben, könnte sich diese Inflationsrate als temporär erweisen. Wenn sie es allerdings als Problem wahrnehmen, könnten sie ihr Verhalten ändern und auf inflationskonform umstellen: mehr und gezielt konsumieren, Sachwerte als Inflationsschutz entdecken usw. Dieses kann möglicherweise eine Preis-Lohn-Spirale in Gang setzen.
Entwicklung Ölpreis in 2021, indexiert
Sinnbildlich für die Entwicklung der Inflation ist der Ölpreis. Das schwarze Gold spielt nach wie vor eine wichtige Rolle für die Weltwirtschaft – Elektroauto und erneuerbare Energien hin oder her. Nach dem Tiefpunkt im Frühjahr 2020 bei etwas über 20 US-$ nähert sich der Ölpreis mittlerweile wieder der 80 US-$-Marke. Wir alle spüren dies, sofern wir uns noch mit einem klassischen Benziner oder Diesel fortbewegen. Auch die Energiepreise stiegen drastisch an, und es ist davon auszugehen, dass viele Stromversorger die Preise auch für Bestandskunden erhöhen werden. Dieser Umstand betrifft vor allem sozial Schwächere und Pendler. Ein weiterer Grund für die höheren Preise ist der schwächelnde Euro. Durch den Rückgang des Euros gegenüber dem Dollar verteuert sich der Ölpreis für uns Europäer, da dieser in US-$ notiert. Die deutsche Exportwirtschaft hingegen profitiert von der schwächeren Währung, kann sie ihre Waren und Dienstleistungen in Übersee doch billiger anbieten. Wir werden sehen, welche Faktoren die entscheidende Rolle spielen werden.
Ein weiterer Aspekt steht mehr und mehr im Fokus: Lieferengpässe. Automobilhersteller mussten bereits 2021 zum Teil Kurzarbeit anmelden, weil dringend benötigte Chips nicht ausreichend verfügbar waren. Fahrrad- und Autohändler haben nur noch einen Bruchteil auf Lager oder können in kurzer Zeit liefern. Spannend wird auch sein, wie sich das Abschalten mehrerer Atom- und Kohlekraftwerke gepaart mit dem Lieferstopp russischen Gases weiter auf den Energiepreis auswirken wird. Preissteigerungen von 50 % und mehr belasten auch an dieser Stelle den Verbraucher.
Selbst der Möbelriese IKEA hat angekündigt, aufgrund der Lieferengpässe und gestiegenen Materialkosten seine Preise erstmals seit Jahren deutlich anzuheben.
Corona – Unsicherheit bleibt!
Das Verhalten der Konsumenten könnte insbesondere in Europa eine große Rolle spielen. An dieser Stelle ist auch das Dauerthema Nummer eins ins Spiel zu bringen: Corona.
Es sind nun bald zwei Jahre vorbei, seit das Virus unseren Alltag verändert hat: die Meinungen, die Stimmungen, die Ansichten und Sichtweisen von uns allen, unsere Lebensweise. Mittlerweile zeichnet sich deutlich ab, dass das Handeln der Politik unser aller Leben bestimmt. Die Impfung ist nicht der erwartete Gamechanger, was allerdings wenig überrascht. Unabhängig davon, welche Vorgehensweise man nun für richtig hält, die Unsicherheit bleibt, wie es denn nun weitergeht. Und Angst ist bekanntermaßen immer ein schlechter Berater.
Unsicherheit in großen Teilen der Konsumenten führt zu Konsumzurückhaltung und ist damit Gift für die gesamte Wirtschaft und die Unternehmen. Mehr Gelassenheit und Ruhe tut auch an dieser Stelle gut.
„Trenne dein Geld von deinen Emotionen, sonst werden dich deine Emotionen von deinem Geld trennen.“ (André Kostolany)
September: Da war noch was – Bundestagswahl 2021
Im September fand die Bundestagswahl statt, deren Ausgang wenig überraschend war. Einzig das deutlich schwächer als erwartete Abschneiden der Grünen ließ aufhorchen. Das änderte jedoch nichts daran, dass die Grünen zum ersten Mal in eine erstmals aus drei Parteien bestehende Regierungskoalition eintraten. Wir erwarten keinerlei besondere wirtschaftliche Auswirkungen, allerdings wird die Beziehung zu Russland – politisch wie auch wirtschaftlich (Stichworte: Öl und Gas) – sicherlich genau zu beobachten sein.
Die Null muss stehen – Zinsen gibt´s nicht mehr
Mittlerweile haben wir alle bemerkt, dass ein Zins auf dem Sparbuch oder anderen Anlagen bei der Bank höchstens noch symbolisch bezahlt wird. Das sogenannte Verwahrentgelt ist mittlerweile für alle Banken zum Standard geworden. Ab einem bestimmten Betrag, teils bereits ab dem ersten Euro, muss der Sparer bei seiner Bank oder Sparkasse dieses Verwahrentgelt bezahlen. Das bedeutet, dass er bereits nominal Geld verliert. Die Inflation ist da noch gar nicht berücksichtigt. Wo wir wiederum beim zuvor erwähnten Sicherheitsdilemma wären.
Ein Nullzins ist kein Weltuntergang, aber er stellt den Sparer vor Herausforderungen. Und es ist umso wichtiger, sich Gedanken zu machen, wie man richtig investiert. Auch hier gibt es Lösungen, die Anleger nutzen sollten. Den Weg zur klassischen Anlage bei der Bank kann man sich mehr und mehr „sparen“.
Bleiben Sie zuversichtlich!
Ihr Thomas A. Backenhaus
Weitere Marktentwicklungen im Überblick:
Abbildung: Entwicklung 2021, 3 Monate und 3 Jahre, Quelle: Bloomberg, Abfrage per 31.12.2021