Wir erfahren einen Mega-Crash durch Corona. Rasant, heftiger und schmerzhafter als je zuvor purzeln die Kurse nach unten. Verzweiflung ist hier aber kein guter Ratgeber. Mein persönlicher Blick auf den Corona-Crash – und einige Anmerkungen dazu:
Greife nie in ein fallendes Messer, lautet eine alte Börsenweisheit – ich glaube es war Friedhelm Busch, der dies 1987 anlässlich des Oktobercrashs berichtete. Ich erinnere mich gut, denn es war meine erste Krise als Investor.
Und die Messer fallen an den Finanzmärkten gerade besonders schnell und tief. Und keiner vermag zu sagen, wann der Boden „endlich“ erreicht ist. Woher auch, weiß doch keiner wie heftig das Corona-Virus noch grassiert und welches die Folgen für die Weltwirtschaft sind. Schmerzhaft wird es in jedem Fall, das ist offensichtlich. Eine globale Rezession wird folgen, aber wie lang wird sie dauern? Who knows?
An der Börse zählt die Zukunft, sie wird gehandelt. Sie scheint derzeit mehr als ungewiss, man könnte auch sagen zapfenduster. Seriöse Prognosen sind extrem schwierig, es fehlt noch an notwendigen Informationen. Pessimismus ist aber nicht nötig, denn „ist Deutschland erst „durchinfiziert“ und beginnt die Immunisierung sowohl gegen das Virus als auch gegen die Angst, erlebt der Aktienmarkt seine Renaissance“. Eine große Depression wie vor über 90 Jahren wird es nicht geben. Die Weltwirtschaft wird sich vom Corona-Schock erholen. Wie lange das dauert, bleibt abzuwarten, aber die Zentralbanken passen ebenfalls auf – so hat die EZB 2020 bereits 1,11 Billionen € locker gemacht.
Ja, es geht rasant und heftig abwärts – wirtschaftlich wie auch an der Börse -, so hat das deutsche Kursbarometer DAX bereits 40 Prozent seit dem 19.02.2020 eingebüßt. Schlimme Verluste, aber es geht noch dramatischer. Nach dem Zusammenbruch des Neuen Marktes zu Beginn des Jahrtausends, gefolgt vom Terrorakt des 11. September 2001, hat der DAX insgesamt über 70 Prozent eingebüßt – dafür aber auch fast drei Jahre benötigt. Während der Finanzkrise 2008 vergingen vom Dezember-Hoch 2007 bis zum Tiefpunkt im März 2009 auch rund 1 ¼ Jahre. Wir werden sehen, wie lange es diesmal dauert und wie weit es noch nach unten geht. Ich bin mir auch sicher, dass wir Ende des Jahres deutlich höher stehen als aktuell!
Langfristig sind Aktien die beste Geldanlage
Bei allen Verlusten, der ganzen Angst und Panik dürfen wir unseren mehrjährigen Anlagehorizont nicht aus dem Fokus lassen. Schwerer ist es da schon für die institutionellen Anleger, Fondsmanager und Vermögensverwalter, hier muss das Ergebnis am 31.12. stimmen. Was hier zählt ist die jährliche Performance. Eigentlich unsinnig. Aktien sind langfristige Investments, unterliegen Schwankungen und langfristig steigen die Aktienkurse, zahlreiche Statistiken belegen dies auch. Langfristig liefern Aktien ab, daran können auch Einbrüche wie aktuell wenig ändern. Es braucht natürlich Zeit, bis der Schaden behoben ist und die Verluste wettgemacht sind. Geduld ist eine der höchsten Tugenden von langfristig orientierten Investoren. Dies ist in diesen Tagen besonders wichtig.
Zugegeben, dieser Crash ist nicht mit den vorigen zu vergleichen. Ein noch weitgehend unkontrollierbares Virus bedroht unser aller Gesundheit und die Gesellschaft. Das Virus hat auch unsere Weltwirtschaft quasi über Nacht zum Stillstand gezwungen – der Globalisierung sei Dank. Angebot und Nachfrage brechen fast komplett ein. Regierungen und Notenbanken versuchen gegenzusteuern, können die Märkte aber derzeit nur kurzfristig beruhigen; wenn überhaupt. Eine komplett neue Situation!
Nach dem Crash geht es wieder aufwärts
Viele haben den Ernst der Lage noch nicht vollständig erfasst, ist es vielleicht die innere Überzeugung, dass Wissenschaftler das Virus besiegen oder zumindest kontrollieren werden können? Und dass dann die Wirtschaft auch wieder anläuft, vielleicht sogar besser als vorher? Natürlich sind Prognosen aktuell kaum möglich, stündlich ändert sich die Nachrichtenlage. Aber so viel ist sicher: Auf jeden Crash folgt die Erholung, ausnahmslos!
Übrigens, die DAX-Kurse fielen in ihren Tiefs sowohl in der Dot.com-Krise als auch in der Finanzkrise kurz unter ihren Buchwert. Aktuell liegt der bei ca. 8.100 Punkten. Das ist in dieser Woche ebenfalls passiert. Mehr als ein Silberschweif am Horizont, das zarte Pflänzchen Hoffnung keimt auf. Es gibt noch einen weiteren Mutmacher: die extremen Emotionen. Bekanntermaßen neigen die Märkte zu Übertreibungen, die irgendwann korrigiert werden. Auch das macht mir Hoffnung.
Beim ersten Mal war es am schlimmsten
Ich erlebe jetzt an der Börse meinen fünften oder sechsten Crash, und trotz der Heftigkeit empfinde ich es nicht so schlimm wie 1987. Warum ist das so? 1985/86 bin ich als Neuling an die Börse gekommen, das erste Geld wurde investiert, quasi der Rest vom Gesparten aus Schülertagen. Der Dow Jones hatte sich von 1985 bis August 1987 annähernd verdoppelt; es lief richtig gut für mich. Dann im Hochsommer fing es mit der ersten Zinserhöhung seit Jahren an zu stocken und am 13. Oktober brach der Dow Jones um 22,6% an einem Tag ein. Das entsprach damals 508 Indexpunkten. Ich hatte zwar etwas Geld für den Urlaub entnommen, bin aber trotz der Vorwarnungen im Markt dringeblieben – sehr ärgerlich. Was blieb war die Erfahrung, dass es auch wieder aufwärts geht.
Sowohl das Platzen der Internetblase im Jahr 2000 als auch die Finanzkrise 2008 beunruhigten mich nicht mehr so sehr. Ich hatte gelernt, dass sich die Märkte nach einem Crash wieder erholen. Es mag dauern, aber die Erholung kommt. Und – was aus meiner Sicht noch wichtiger ist -, man kann günstig einkaufen. Immer gut, wenn man noch „etwas Pulver trocken hält“, um für derartige Gelegenheiten gerüstet zu sein.
Mein Depot sah natürlich trotzdem ziemlich „rot“ aus. Wen wunderts, wie so viele Privatanleger hatte ich meinem Bauch vertraut, viele amerikanische Werte gekauft, was mir empfohlen wurde oder worüber ich gelesen hatte. Nach dem Oktober-Crash 1987 habe ich gelernt: Ohne eine langfristige Strategie und vor allem klare Investmentregeln geht es nicht. Das möge auch meine Botschaft an all jene Privatanleger sein, die sich noch immer von Gier und Panik treiben lassen. Es klingt vielleicht banal, aber wenn man weiß, was man tut oder warum man eine Aktie oder einen Fonds gekauft hat, lässt sich ein Crash viel besser ertragen – und über Zukäufe nachdenken. Heißt es nicht immer so schön „Der Grundstein für die größten Vermögen wird in der Krise gelegt“? Kapiert?